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Stille Momente im Überfluss



-die Sache mit dem Pupsen, Spucken, Dauertrinken und der vielen, vielen Milch-

Und dann kommen diese Momente. Immer mal wieder und mit schlechtem Gewissen.

Du liebst es dein Kind zu stillen, ihm zu geben was es braucht. Du freust dich, wenn er satt und zufrieden schlafend aussieht wie ein kleiner meditierender Buddha- doch du fühlst dich völlig ausgelaugt und ausgesaugt.

Seit dem du vom Spazieren wiedergekommen bist um 16 Uhr, versuchst du den kleinen Hamster satt zu bekommen. Immer wieder. Vor ein paar Wochen bist du nun Mama geworden. Du kanntest vorher stillende, müde Frauen nur aus Filmen oder in Bekanntenkreisen, die aber auch nur wegen der Nächte müde waren. Dass du aber teilweise den ganzen Tag nur auf dem Sessel zum Stillen verbringst, das sagt dir keiner!

Manch einer würde vielleicht sagen- Toll! Da kann man doch mal so richtig faulenzen und sich bedienen lassen. Jaaaa ganz toll, wenn du deinen süßen nuckelnden Fratzen mal kurz abstöpselst um aufs Klo zu gehen und ihn aber lauthals durch drei Räume nach dir rufen hörst "Ich hab Huuuunger. Ich verhunger gleich, wenn du nicht sofort was dagegen tust. Hilf mir!" Und du sitzt auf Toilette, versuchst schnell alles Nötige hineinzupressen, fuchtelst mit dem Klopapier umher und wäschst im Eiltempo deine Hände. Zwischendurch rufst du durch du Wohnung "Ich bin gleich bei dir mein Schatz. Mami ist gleich da" in einem Sing-Sang, der dein Baby aus 20 Meter Entfernung nun auch nichts hilft. Kurzer Blick in den Spiegel. Ach du Scheiße. Schnell weg! Nachher kannst du ja bestimmt mal deine Haare kämmen und die Draußenhose gegen einen Jogger tauschen. Schnell wieder zu deinem Liebling gehüpft, angelegt und in ein hochrotes, aber nun zufrieden trinkendes Gesicht geguckt. Du schaust auf die Uhr. 22 Uhr. Verdammt. Das kann doch nicht sein, dass ich seit 6 Stunden fast ununterbrochen stille. Ein Glück bin ich nicht allein Zuhause. Mein Mann bringt mir essen, schmeißt den Haushalt und versucht alles, damit es uns gut geht.

Ich will doch einfach nur mal aufstehen. Nur mal kurz ein paar Kleinigkeiten erledigen, wie zum Beispiel Stoffwindeln waschen oder die Kommode des kleinen Vampirs aufräumen. Nix da. Du darfst dir schön den Arsch plattsitzen, der von der Geburt immer noch wehtut.

Nun ja, woran mag es wohl liegen, dass dein winziger Wonneproppen permanent an deiner Brust nuckeln will, obwohl ihm die Milch beim Trinken schon an den Seiten rausläuft? Dein kleiner Spatz will wachsen und sich entwickeln. Die Kleinen nehmen von Woche zu Woche mehr wahr. Erst sehen sie kaum etwas, dann nehmen sie deutliche Kontraste wahr und ein wenig später schauen sie dir direkt in die Augen. Sie hören, fühlen, nehmen alles auf. Und dabei ist für die Mäuse alles neu. Sie sind ein Marsmensch gestrandet auf der Erde, um alles kennenzulernen. Um sich von den Eindrücken zu erholen und diese zu verarbeiten, benötigen unsere Kleinen viele Kuscheleinheiten und das Gefühl von Geborgenheit- wobei Nuckeln genau diese erfüllt. Aber nicht allein ein Entwicklungsschub kann häufiges Trinken auslösen.

In meinem speziellen Fall vermute ich einen Kreislauf des „Zu-viel-Milch-habens“. Sicher schreien jetzt einige auf: Die soll sich mal nicht beschweren-manch einer kann gar nicht stillen. Ja sicher, kann man sich glücklich schätzen, seinen Wurm stillen zu können, aber zu viel Milch kann das Genießen des Tages erheblich einschränken.

Ein Start in den Tag kann dann zum Beispiel so aussehen:

Du liegst im Bett. Du wirst wach, weil es neben dir gurkst und stöhnt. Du hälst deinem kleinen Baby die Hand an den Kopf, um zu signalisieren, dass du noch da bist und ihm beistehst. Du dämmerst wieder ein.

Wieder aufwachen. Schnelles Atmen, gurksen, aufstöhnen. Dein armer Wurm hat nach einer halben Ewigkeit immer noch zu tun. Deine Gedanken kreisen. Ich habe ihn doch erst gestillt- Hunger ist es also nicht. Vielleicht eine nasse Windel? Wobei sich die teuren Baumwoll-Hanfeinlagen doch fast trocken anfühlen.“ Es stöhnt wieder neben dir und du hörst das allzeit bekannte Geräusch… dein spuckendes Kind. Ach ja, DAS Problem wie fast jedes Mal, wenn ich mal nicht „bergauf“ stille, sondern wie immer nachts im Liegen.

Knatter, knatter. Ein Pups wird hinterhergeschoben. Dein Baby schreit auf. ´Ach man, der arme Kleine hat schon wieder mit seiner Verdauung zu tun´. Du hebst ihn hoch über deine Schulter. Willst ihn auch von der wahrscheinlich nassen Windel befreien, um dann gemeinsam mit ihm wieder friedlich einschlafen zu können. Auf dem Weg ins Bad hörst du wieder dein Kind würgen… und platsch…. Landet ein Schwall anverdaute Milch auf dem Fußboden. Mit ihm auf der Schulter greifst du nach einem der überall herumliegenden Mullwindeln und wischst den Spuckibrei mit Hilfe deines Fußes weg. Auf deinem Rücken fühlt es sich warm an. Auch hier ist die Flüssigkeit nun durchgesickert. Jammy. Auf dem Wickeltisch im Bad wirst du dann auch noch Zeuge eines lebendigen Sprenklers. Aus allen Ecken und Enden entledigt sich dein Kind von überschüssigem. Selbst dort am Wickelplatz wimmelt es nur so von Tüchern zum Trockenwischen und unterlegen. So wird dein Wertvollstes nun frisch gewickelt, wahrscheinlich sogar noch umgezogen oder wenn es noch geht, an den bespuckten Stellen trockengefönt. Ja- umziehen würde auch gehen, aber am Ende des Tages müsste der Herr dann nackig rumliegen, weil er sich permanent anspuckert und kein Mensch so viele Klamotten besitzen kann.

Zurück Richtung Bett getaumelt, fängt er an zu weinen. Schnell tastest du nochmal die Mulltücher, die auf der ganzen Matratze verteilt sind ab, ob diese noch alle trocken sind, checkst, ob du noch genügend überdimensionale Stilleinlagen parat liegen hast und legst ihn nun in perfekter Stillposition ab. Natürlich kennst du deinen Freund, der eigentlich pappsatt sein müsste. Und doch versuchst du ihn erst einmal so zu beruhigen. Du kuschelst, streichelst und sprichst ihm gut zu.

Nix da. Dein Schatz will jetzt essen und zwar sofort! Und das erklärt er dir mit einem energischen Grunzen, welches dir kaum die Chance gibt, es dir wenigstens bequem zu machen. Also los geht’s mit dem Stillen. Hastig, als hättest du ihn verhungern lassen, saugt der kleine Vampir an deiner Brust. Immer wieder gurkst es in seinem Hals. ´Nein, nicht so viel Luft schlucken… wir wollten doch noch ein wenig schlafen´.

Milcheinschuss!

´Nicht auch noch das´. Das Gurksen wird lauter und ähnelt fast dem Bellen eines Hundes. Schnell entziehst du ihm deine Brust und fängst die spritzende Milch mit einem Mulltuch auf. Dem Vampir aber gefällt es gar nicht, dass du ihm sein Nahrungsquell klaust und beschwert sich lautstark. Also schnell weiter trinken lassen. Hechel, hechel. Dein kleiner Mann (oder dein Mädchen) muss zwischendurch immer wieder eine Pause machen. Voller Erschöpfung fallen ihm die Augen zu. Er schläft ein… du auch…. Wenig später, dass all Bekannte. Gurksen.. stöhnen… und das Spiel beginnt von vorne…

Es ist ein immer wiederkehrender Ablauf. Auch am Tage, wenn du ihn dann „bergauf“ stillst. Also Bauch an Bauch liegt er an dir. Kopf oben, Beine unten- du nach hinten gelehnt. Er muss seine Milch erarbeiten und bekommt sie nicht einfach in den Mund gespritzt. Zumindest in der Theorie. Die Praxis zeigt leider, trotz vieler Tricks ein immer wiederkehrendes Bild. Du stillst. Er schläft immer wieder ein. Zwischendurch stößt er wie von allein auf, da er ja bereits in Bauchposition liegt. Er trinkt wieder ein bisschen. Du denkst, er ist fertig und lässt ihn entweder noch mindestens 30 Minuten so liegen oder bringst ihn in eine aufrechte Position. Manchmal legst du ihn auch etwas erhöht in einen Wipper. Er schläft und du denkst- diesmal hat es ohne spucken geklappt. Ja falsch gedacht. Nach spätestens 20 Minuten zappelt und grunzt es … und wie erwartet, kommt nach kurzer Zeit ein Schwall Milch in hohem Bogen aus seinem Mund geflogen. Natürlich hat er dabei seinen gesamten Strampler erwischt. Oben, unten, Ärmel… Manchmal schläft er danach friedlich ein. Manchmal fällt ihm aber auch ein, dass er ja bei der letzten Mahlzeit gar nicht satt geworden ist. Du gibst ihm die gleiche Brust noch einmal, damit er auch an die sättigende Hintermilch kommt. Tja und nun beginnt auch hier wieder alles von vorne.

Und doch habe ich tatsächlich mit einigen Kniffen eine kleine Besserung erzielen können, so dass der Kleine nicht mehr ganz so viel spuckt, weniger Blähungen hat und insgesamt zufriedener ist:

  1. Spannt deine Brust oder fühlt sie sich sehr voll an, streiche sie ein wenig aus, bevor du stillst

  2. Stille dein Baby „bergauf“, also Bauch an Bauch, so dass das Köpfchen höher ist als deine Brustwarze (dies geht z.B. auch prima im Tragetuch)

  3. Meist macht es so selbstständig Bäuerchen- wenn nicht, setze es mehrmals zum Aufstoßen zwischendurch ab

  4. Lasse oder bringe dein Baby in eine aufrechte Position für mindestens eine halbe Stunde (nach dem Stillen)

  5. Wenn du deutlich zu viel Milch hast, gib nur eine Brust pro Mahlzeit bzw. erst die Zweite erst, wenn dein Kind die erste nicht mehr möchte

  6. Hast du das Gefühl, dein Baby hat noch nicht die nahrhafte Hintermilch der ersten Brust bekommen, setze es auch bei nächster Mahlzeit wieder an diese Brust und gibt ihm dann anschließend die Zweite

  7. Lass von einem Osteopathen abklären, ob dein Kind nicht eventuell Blockaden hat, die zum vielen Spucken führt

  8. Wenn möglich lege dein Baby oft auf den Bauch- dies reguliert die Verdauung

  9. Wenn möglich, lasse dein Kind untenrum oft nackig- so drückt nix auf den Bauch, was auch zum Spucki führen kann

Diesen Artikel kannst du auch hier anhören.

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