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Ist Aggressivität ein Hilferuf der Einsamkeit?


aus:"HÖCH(st)SENSIBLER JOB-Das alltägliche Glück einer Hochsensiblen in Symbiose mit 600 anderen Hochsensiblen"

***************** Tag 5 Alltägliche Hofpause am Morgen. Ich laufe umher und genieße die kalte Frischluft. Ein recht eisiger Tag und doch belebend. Zwei Mädchen der dritten Klasse kommen auf mich zugerannt. „Frau Schmalstich. Sie müssen ganz schnell kommen. Damian will Hanna treten. Er rennt ihr hinterher und ist ganz aggressiv.“ Ich schau in die Richtung, in der die Mädels zeigen. Ich sehe Kindern, die miteinander spielen. Hm. Ich frage nach „Meint ihr nicht, dass das ein Spiel ist?“ „Nein, nein, er will sie verprügeln. Der ist immer so aggressiv“ OK. Ich folge den beiden schnellen Schrittes. Ich sehe Damian und ich sehe Hanna mit noch einem anderen Mädchen. Sie rennen um einen Tisch. Damian folgt ihnen in einer rasenden Geschwindigkeit. Die beiden lachen. Er nicht. Aggressiv schaut er aber auch nicht aus. Schwer einzuschätzen. „Damian, kannst du mal bitte kurz stehen bleiben?“ Er rennt weiter. Er hört mich nicht. Ich versuche es erneut. Und noch einmal. OK, es ist Ernst. Er scheint wie in Trance zu sein, fixiert auf sein Ziel, wie ein Tiger seiner Beute nachjagend. Ich spreche zu den Mädchen. Bitte sie, anzuhalten und bei mir Schutz zu suchen, wenn nötig. Beide halten lachend an und doch schwingt eine kleine Angst mit. Auch Damian hält jetzt an. Immer noch fixiert. Ich frage nach „Was ist denn los? Ist das ein Spiel?“ „Nein. Damian will uns treten, weil wir vorgedrängelt haben“ sie sind aufgeregt, außer Atem und lachen doch. Alle sprechen und wollen die Situation erklären. Ich kann nicht folgen. Meine Gedanken hängen bei Damian. Er braucht mich jetzt. „Geht mal bitte spielen, ich möchte mit Damian allein sprechen“ Damian schaut den Mädels hinterher und ist immenroch in einer Art Starre. Nun von Nahem kann ich auch seine Aggressivität in den Augen sehen. Und doch ist sie nicht allein. Ich nehme ihn an der Schulter „Damian, was ist los?“ Er versucht sich zu erklären. Tränen schießen ihm ins die Augen. Er erzählt für mich wirre Worte von einer Situation, die gerade war… Doch ich kann nicht ganz zuhören. Das ist nicht der Knackpunkt, der ihm zum Tier gemacht hatte. Ich nehme ihn an beiden Schultern, halb umarmend und runterbeugend „Was ist wirklich los? Du hast doch was? Du kannst mir sagen, was dich bedruckt“ Er atmet schnell tief ein. Ich setze mich auf eine Holzbank, halte ihn weiter fest. Ich biete ihn meinen Schoß an „Komm mal her. Setzt dich ruhig, wenn du möchtest“ Er setzt sich. Noch mehr Tränen in den Augen, die sich nun langsam lösen wollen. „Niemand will mit mir spielen“ sagt er. Ich kenne Damian aus Vertretungsstunden. Er wird tatsächlich oft ausgeschlossen, wegen seiner „besonderen Art“. „Das ist das, was dir Kummer bereitet, oder? Das du oft allein bist… „ „Ja“ „Das kann ich verstehen! Ich habe auch oft allein verbracht. Weißt du, es ist aber für die anderen nicht schön, wenn du sie deswegen treten möchtest. Damit tust du ihnen weh. Das ist vielleicht nicht so schön..“ Er nickt „Aber ich bin immer allein. Ich werde immer ausgeschlossen. Ich kann mit niemandem spielen“ Es tut mir leid. Sein kleines Herz… schon so einsam. „Ich glaube dir, dass es schwierig ist. Vielleicht kannst du es den Kindern aus deiner Klasse ja mal erklären. Ihnen sagen, dass du dich allein fühlst. Das du gern ein Teil von ihnen wärst. Oder du schaust in den Pausen mal nach Kindern aus anderen Klassen. Da gibt es bestimmt welche, die mit dir spielen wollen“ Er hört aufmerksam zu. Ich streichle ihm über den Kopf und über den Rücken, während wir noch ein wenig darüber reden. Irgendwann löst er sich und geht weiter seinen Weg in die Pause. Später am Nachmittag. Ich ging mit der 4.Klassenstufe zum Bowling. Was eine Freude. Kinder die spielen ohne Verbote, Kinder die lachen, Kinder die tanzen. Welch´ riesiges Glück , eine Bowlingbahn mit absolut kinderfreundlichem Besitzer in der Nähe zu haben. Ein Mann kurz vor der Rente, der sich gut darin versteht, den Kindern ein unvergesslichen Spaß zu bereiten. Er dreht die Musik auf und lässt Kinder zu ihren Lieblingsliedern spielen. Sie tanzen. Sie wälzen sich auf dem Boden. Und keiner meckert. Es gibt keine Verbote, kein „das macht man nicht“. Sie dürfen einfach ihrer Freude folgen. Ich sitze da, beobachte und trinke mein Wasser. Doch dann fällt mir Tara auf. Tara ist ein ganz besonderes Kind. Sie lebt in ihrer eigenen Welt. In der Gesellschaft hat sie einige Stempel von Verhaltensauffälligkeiten und Behinderungen abbekommen. Doch für mich ist sie ein ganz sensibles, feines Wesen. Sie sitzt allein an einem Tisch, fernab vom Geschehen. Ich stehe auf und setze mich zu ihr. „Hey Tara“ Sie lächelt „Warum sitzt du denn hier so allein?“ „Herr Henkel hat gesagt, ich soll hier sitzen. Mein Papa will nicht, dass ich bowle und hat mir deshalb kein Geld mitgegeben“ Ohje. Eines meine Kinder hatte auch kein Geld mit. Ich habe sie aber einfach an eines der Bahnen Platz nehmen lassen, damit sie trotzdem mitten im Geschehen sein kann. „Ach das ist ja blöd Tara. Aber dann sitze ich jetzt bei dir.“ Wir lauschen der Musik. Hello von Adele läuft an. Eines meiner absoluten Lieblingslieder. Auch von Tara. Wir beginnen zu singen….. Immer lauter… Ich grinse über beide Ohren. Der Refrain folgt und wir singen aus tiefster Lunge „Hello from the other side“. Wie passend. Ich fühle mich, als wäre ich kurz in ihre Welt abgetaucht. Weitere Lieder folgen, in denen wir voller Freude mitsingen. Etwas später „Mir ist kalt Frau Schmalstich“ „Hm. Deine Jacke anziehen kannst du nicht. Draußen ist es sehr kalt. Wenn du sie jetzt anziehst, frierst du draußen sicherlich arg. Du könntest aufstehen und ein bisschen rumrennen- dann wird dir warm“ „Ich darf nicht aufstehen, hat Herr Henkel gesagt“ Uff. Was zum Teufel. Verdammt. Ich bin etwas sauer, lasse es mir aber nicht anmerken. Ich höre schon Begründungen, wie „Na ich muss sie doch unter Kontrolle haben. Sonst macht sie irgendeinen Blödsinn. So hab ich sie im Blick“ Ich lächle Tara an. „Hm. Vielleicht kannst du hier auf der Stelle kurz aufstehen und ein wenig hüpfen. Dann wird dir wärmer“ Gesagt getan. Sie lacht. „Mir ist immer noch kalt“ Ich drehe mich zu ihr und breite meine Arme aus „Setzt dich, wenn du möchtest“ Sie freut sich und setzt sich auf meinen Schoß. Ich ergreife ihre Arme und versuche sie etwas warm zu rubbeln. „Besser?“ „Ja“ ********************* *Namen geändert, weil ich sie geändert habe...

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Am Ende dieser Reihe möchte ich erwähnen, dass ich ordentlich Schimpfe für diese Reihe bekommen habe- vor allem durch die "betroffenen" Erzieher, die sich angeblich wiedererkannt und verurteilt gefühlt haben.

Mir wurde mit Anzeige und Kündigung Ihrerseits gedroht, weswegen ich diese Artikel für einige Zeit verschwinden ließ.

Nun möchte ich Sie aber wieder Teilen und das absolut nicht, um jemanden zu verletzen oder mich als etwas besseres darzustellen, sondern lediglich um aufzuzeigen, wie verzwickt die heutige "Erziehung" ist und wie sehr man manchmal gefangen ist in Prägungen durch seine eigene Kindheit. Und da nehme ich mich ganz und gar nicht raus! Auch ich handle manchmal unbewusst, wie ich es einmal vorgelebt bekommen habe und reflektiere erst im Nachhinein, was da eigentlich gar nicht zu mir passte

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Also lesen, nicht angegriffen fühlen liebe Erzieher und vielleicht in Erwägung ziehen, darüber nachzudenken, ob man wirklich aus eigener Überzeugung handelt oder weil MAN es eben so macht oder gemacht hat.

Gracias

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